Dr.-Ing. Erik Temmel

Erik_Temmel  

Kontaktdaten:

Dr.-Ing. Erik Temmel

Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme
Sandtorstr. 1
39106 Magdeburg

Tel.: +49 (0) 391-6110-281
Fax: +49 (0) 391-6110-403
temmel@mpi-magdeburg.mpg.de

Werdegang

Studium: 2004-2010 M.Sc. und B.Sc. Nachhaltige Verfahrens- und Umwelttechnik (Verfahrenstechnik), Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Promotion: 2010-2016 Thema: „Physikalisch-Chemische Grundlagen der Prozesstechnik“
Fachbereich Kristallisation, Forschungsabteilung des Max-Planck-Instituts
für Dynamik komplexer technischer Systeme, Magdeburg
Tätigkeit: aktuell Wissenschaftlicher Mitarbeiter (Post-Doc) in der Grundlagenforschung im Max-Planck-Institut Magdeburg

 

Warum die Entscheidung zum Studiengang Verfahrenstechnik/was war die Motivation?

Eine konkrete, langfristige Planung Verfahrenstechnik als Studiengang zu belegen gab es bei mir nicht. Nach meinem Dienst bei der Bundeswehr war ich mir nur sicher, dass ich auf jeden Fall studieren wollte. Gleichzeitig war aber das Angebot an Studiengängen unübersichtlich und trotz vielfältiger Informationsmöglichkeiten blieb die Einschätzung der Qualität, des Inhalts und der Betreuungssituation der unzähligen Möglichkeiten an den verschiedenen Universitäten ein schwieriges Unterfangen. Ich traf also meine Auswahl nach meinen persönlichen Vorlieben in der Schulzeit: Chemie, Technik, Physik und Mathe. Verfahrenstechnik beinhaltete alles davon und gleichzeitig auch noch die verschiedensten Spezialisierungsmöglichkeiten. Aufgrund der guten Reputation der OvGU für diesen Studiengang und meiner schwierigen finanziellen Lage als Student schrieb ich mich also in meiner Heimatstadt Magdeburg ein und hoffte die richtige Entscheidung zu treffen. Schlussendlich hatte ich eine Menge Glück, da diese Wahl perfekt für mich war.

Aufgrund dieser Erfahrung kann ich die Studenten verstehen, die mehrere Male ihren Studiengang wechseln und beglückwünsche jeden der direkt nach der Schule weiß was er will. Jedem der nicht zu der letzten Gruppe gehört sei geraten, zu suchen, zu wechseln und auszuprobieren bis die richtige Fachrichtung gefunden ist. Das Studium lässt sich wesentlich einfacher mit einem hohen Maß an Enthusiasmus und Interesse bewältigen. Auch die Wahl einer Lehre sollte nicht die letzte Möglichkeit sein sondern direkt von Anfang an mit in Betracht gezogen werden. Der bloße Gedanke an ein außerordentliches Gehalt und beste Karriereoptionen sollte nicht der ausschlaggebende Punkt sein, da man sich sonst über mehrere Jahre durch ein (im Falle von Verfahrenstechnik sehr anspruchsvolles) Studium quält und evtl. zum Schluss scheitert.

 

Was beinhaltet das Studium der Verfahrenstechnik?

Bei diesem Punkt kann ich leider nur von meinen Erfahrungen der Verfahrenstechnik als Diplomstudiengang berichten. Einiges hat sich im Zuge des Bologna-Prozesses verändert aber die Grundzüge sollten gleich geblieben sein.

Das Grundstudium besteht, wie bei allen Ingenieurswissenschaften, aus dem entsprechenden Basiswissen zu Physik, Chemie und Mathe. Allerdings werden die verschiedenen Grundrichtungen je nach Studiengang neben den Grundlagenfächern spezialisiert. So stehen für die Verfahrenstechnik Thermodynamik und Stofftransport, Strömungsmechanik aber auch klassische Ingenieursfächer wie Konstruktion, technische Mechanik und Werkstoffkunde im Vordergrund. Das Grundstudium war dabei nach meinen Erfahrungen der schwierigste Zeitraum, da die Breite der Fächer, die Menge an Semesterwochenstunden und Prüfungen als auch die diversesten Praktika sehr viel Zeit und Ausdauer beanspruchten.

Nach dieser anstrengenden Zeit wurden dann die Grundlagen im Hauptstudium aufgegriffen und in den eigentlichen Disziplinen der VT angewandt. Hier zeigte sich dann endlich wo die „Reise“ mit diesem Studiengang hingehen sollte. Die chemische Verfahrenstechnik beinhaltete zum Beispiel, die Auslegung kompletter Reaktoren. Angefangen von der chemischen Reaktion mit etwaigen Stoff- und Wärmetransportproblemen, über die mathematische Berechnung und numerische Simulation der Reaktionsraten, hin zu der apparativen Gestaltung der Rührkessel. Die Zusammenführung der vorher noch abstrakten Grundlagen anhand von realen Problemen war dabei sehr motivierend. Ab diesem Punkt war meine Leidenschaft für dieses Studium geweckt. Neben der chemischen Richtung waren allerdings auch noch die biologische, thermische und mechanische Verfahrenstechnik Pflichtprogramm. Wie intensiv man sich jedoch in den einzelnen Bereichen weiter spezialisierte oblag dem eigenen Ermessen. Ein großer Vorteil, da man dadurch die Ausbildung an die eigenen Talente anpassen konnte.

Herauszuheben wäre vielleicht noch die Nähe der Universität zum Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme in Magdeburg. Diese bietet vor allem für Studenten der VT und artverwandter Studiengänge eine Vielzahl von Möglichkeiten. Neben Praktika, Positionen als Hilfswissenschaftler sei hier vor allem die Durchführung von Abschlussarbeiten in Zusammenarbeit mit führenden Wissenschaftlern und besten apparativen Gegebenheiten erwähnt.

 

Nach dem Abschluss: Wissenschaft oder Industrie?

Die Frage klärt, so glaube ich, jeder für sich zum Ende des Studiums. Eine anschließende Promotion setzt eine gewisse Detailverliebtheit, Leistungsbereitschaft und eine Menge Idealismus voraus.

Im Studium der Verfahrenstechnik sind einige Industriepraktika vorgesehen. Das Grundpraktikum dient dazu, die Auswirkungen der Entscheidungen, die man später als Ingenieur trifft (also Projektplanung, technische Zeichnungen, Arbeitsabläufe etc.), am eigenen Leib als ausführende Kraft zu erfahren. Das Praktikum im Hauptstudium hingegen, die eigentliche Ingenieursarbeit in einer Firma testweise zu erleben. Die Arbeit ist dabei logischerweise am Profit der Firma orientiert. Es müssen schnell funktionierende Lösungen gefunden werden ungeachtet dessen, ob es die beste Lösung für das Problem ist. Eine andere Welt erfuhr ich im Max-Planck-Institut in Magdeburg wo ich meine Diplomarbeit durchführen durfte. Die Arbeit hier drehte sich um die Grundlagenforschung, also die Aufklärung der Sachverhalte im Detail und das bei den aktuellsten wissenschaftlichen Themen. Diese Herangehensweise, mit dem angehäuften Fachwissen Thesen aufzustellen, Experimente durchzuführen um diese zu verifizieren oder zu verbessern, um schlussendlich ein wissenschaftliches Puzzlestückchen beizutragen, faszinierte mich wodurch mein Entschluss eine Promotion anzustreben fest stand. Viele meiner Kommilitonen wollten jedoch eher eine finanziell gesicherte Basis für ihren weiteren Lebensweg aufstellen, was ich durchaus nachvollziehen kann. Denn reich wird man in der Wissenschaft nicht und durch die üblichen Zeitverträge ist eine langfristige Lebensplanung schwierig.

Hat man also die Leidenschaft für die Forschung im Studium bei sich entdeckt, ist eine Promotion empfehlenswert. Ansonsten ist der Weg in die Industrie wahrscheinlich der Bessere. Die Jobchancen sind mit einem abgeschlossenen Studium der Verfahrenstechnik mehr als gut.

 

Was bedeutet es, ein Promotionsstudent zu sein?

Für mich in erster Linie die Freiheit aber auch die Eigenverantwortung, sich in eine (in gewissen Grenzen) selbstgewählte Richtung weiter zu entwickeln, Talente auszubauen und den eigenen Interessen folgen zu können.

Das erste halbe Jahr verbringt man vor allem mit dem Studium der Fachliteratur und der aktuellen Publikationen, um herauszufinden an welchen Themen man arbeiten könnte und was einem persönlich Spaß macht. In meinem Fall war dies unter anderem die kontinuierliche Kristallisation. Meine Tätigkeit umfasste dann den Aufbau eigener Versuchsanlage, die Übertragung der physiko-chemischen Grundlagen in mathematische Modelle sowie die experimentelle als auch theoretische, durch Simulationen gestützte Untersuchung der Gesamtprozesse. Als Ergebnis konnte ich Strategien zur Auslegung und Optimierung als auch die Evaluierung verschiedener Einflussgrößen, wie der Betriebsparameter oder der stofflichen Kinetiken, präsentieren. Wenn man bedenkt, dass fast jedes chemische Erzeugnis welches in fester Form verkauft wird irgendwann durch einen Kristallisationsprozess behandelt worden sein muss, ein wirtschaftlich aber auch ökologisch lohnenswertes Tätigkeitsfeld. Durch die Möglichkeiten und Ausstattung an meinem Institut und durch etwaige Kooperationen mit der Universität habe ich beeindruckende Einblicke erhalten die wahrscheinlich vielen vorenthalten bleiben. Gleichzeitig erinnere ich mich aber auch an zahllose Nächte im Büro, um über Problemen zu grübeln.

Der Aufgabenbereich umfasst allerdings auch die Präsentation und Diskussion der erzielten Ergebnisse auf diversen Konferenzen und Tagungen überall auf der Welt. Es ist immer wieder spannend neue Länder und Kulturen, und das nur aufgrund der eigenen Tätigkeit, kennenlernen zu dürfen.

Des Weiteren gehört die Interaktion mit Industriepartnern zum Arbeitsspektrum. Dabei prallen meist zwei Welten aufeinander. Dennoch müssen die gewinnorientierte Industriesichtweise und die lösungs- und detailorientierte Sicht der akademischen Forschung überein gebracht werden, um erfolgreich Projekte zu stemmen. Aber es ist auch ein schöner Einblick für den Doktoranden in die Arbeitsweise potentieller Arbeitgeber.

Auch die Lehre macht einen besonderen Teil der Doktorandenzeit aus. Man versucht hier das besser zu machen, was man selbst als Student bei Dozenten als Fehler identifiziert hat. Doch dafür macht man meist andere. Aber es macht Spaß junge Akademiker vor allem bei Bachelor- und Master-Arbeiten anzuleiten und man lernt eine Menge über den eigenen Charakter…und vor allem Geduld zu haben.

Alles in allem eine sehr intensive, entbehrungsreiche Zeit aber mit sehr vielen einzigartigen Eindrücken und Möglichkeiten und daher bisher für mich die Beste.

Letzte Änderung: 07.01.2024 - Ansprechpartner: Manuela Dullin